träume sind schäume ...
... sagt der volksmund. gleichwohl können wir an ihnen erkennen, was einmal die ursprüngliche substanz enthielt.
es ist bereits ein wenig dunkel, als ich in der praxis meines psychoanalytikers ankomme. ich betrete den raum mit der couch, in dem die analyse stattfindet und lege mich hin. auch hier ist es relativ dunkel. der analytiker nimmt hinter dem divan platz und eröffnet mir somit einen weiteren, einen symbolischen raum, von dem aus ich die möglichkeit erhalte, mich dorthin zu entwickeln, wo ich hin will. meine stunde beginnt. alles ist wie üblich.
nach und nach wird es dunkler. der raum verändert sich: er wird größer; die wand zum von mir aus links gesehenen raum verschwindet, von mir unbemerkt findet scheinbar ein sanfter wanddurchbruch statt, und der charakter des raumes verwandelt sich in den des privaten wohnzimmers meines psychoanalytikers. wir rücken enger zusammen, die köpfe denkend ineinander, fast kuschelig, es scheint, als ginge die zunehmende tiefe des von mir angesprochenen damit einher. mittlerweile ist es nun sehr dunkel geworden, die couch ist nicht mehr die behandlungs- sondern seine weitaus bequemere wohnzimmercouch. ich bin für den augenblick einiger sekunden, in denen ich mich zu ihm umdrehe, einigermaßen überrascht über dieses auf die pelle gerückt sein, fast ist es mir ein wenig unangenehm. ich stelle aber keine distanz her sondern vertiefe mich sogleich wieder in das, was zu sagen mir züngelt.
meine sitzung erfährt eine kurze unterbrechung, als das telephon läutet. die lebensgefährtin meines analytikers kündigt ihr kommen an, und ich freue mich darüber, sie gleich im anschluß an die sitzung kennenlernen zu dürfen.
nun ist sie da, legt ihren mantel ab und beteiligt sich insofern an der gestaltung des endes meiner stunde, als sie mit den vorbereitungen für den besuch beginnt, den mein analytiker und sie im anschluß erwarten. sie redet nicht viel, wirkt aber freundlich und entspannt auf mich; ihre plötzliche anwesenheit ist mir keinesfalls unangenehm. ich selbst spreche sie nicht an, beobachte sie lediglich aus der sicheren distanz zweier meter, während sie kristallgläser, auf denen wildrosenmuster eingraviert sind, auf den tisch stellt. mir fällt ihre schwarze kleidung auf, wie gut diese zu ihr paßt, ihre samtjacke ist aufgeknöpft, und sie trägt nichts darunter. ...
(ich bemerke jetzt gerade während des aufschreibens, wie es mir sehr heftig widerstrebt, das wort busen oder barbüsig auszusprechen; brust mag ich nicht wählen, weil es unangemessen hart klingt, als kind sagte ich immer "ochsen", z. bsp. "die frau da hat aber komische ochsen"; ich wähle nunmehr das unverdächtige, fast neutrale wort "oberweite" und schüttele zugleich den kopf über mich selbst.)
... ihre oberweite ist zu erkennen, und diese tatsache wirkt auf mich nicht oder jedenfalls weit weniger erotisierend, als es schlechterdings vielleicht angemessen wäre. vielmehr erkenne ich darin den ausdruck einer entspannten normalität. ihrer normalität, die meine längst noch nicht zu sein scheint. durchaus auch ein wenig die art und weise, weit mehr aber, daß sie zu sich steht, beeindruckt mich.
die stunde geht zu ende, und allmählich trudeln die ersten gäste der beiden ein, die nun an meiner statt in den mittelpunkt ihres interesses rücken. ich bedaure, nicht einfach bleiben zu können, andererseits möchte ich auch nach hause, um in ruhe die frischen eindrücke der analysestunde auf mich wirken lassen zu können.
mein analytiker erklärt mir den schließmechanismus des tores, das ich zu passieren habe.
fast schleiche ich mich davon, schreite langsam die hundert meter der einfahrt hinauf und bleibe wenige meter vor dem großen gußeisernen tor stehen. es ist vollkommene nacht geworden. 'werde ich den mechanismus überwinden und das schloß öffnen können?' befragt es mich. ich drehe mich zu dem haus um und spüre plötzlich den dunkelroten schmerz in meiner brust. tränen laufen mir über's gesicht ...
(geträumt in der nacht vom freitag, 2. september 2005)
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