thymós statt thanatos - peter sloterdijks zorn und zeit
der philosoph und kulturwissenschaftler peter sloterdijk analysiert in
seinem neuen buch "zorn und zeit" die geschichte der westlichen kultur unter dem aspekt des zerstörerischen triebs. seine zentrale these: der zorn ist die eigentliche triebfeder der geschichte.
ein theoretischer coup sloterdijks ist die korrektur der psychoanalytischen
lehre von eros und thanatos: den todestrieb dekonstruiert er als spätes,
zweifelhaftes "zusatzkonstrukt" zum eros. er kritisiert, dass die psychoanalyse das psychische spannungsfeld des menschen ebenso halbherzig wie einseitig erotologisch beschrieb, den menschen als "hampelmann der liebe" erscheinen ließ. dem eros setzt er nun gleichberechtigt den "thymós", an die seite - thymós heißt das organ, das die griechen für die zornige aufwallung verantwortlich machten.
sloterdijk beschreibt aufgrund dieser konstellation nun die großen
"zorninstitutionen" der westlichen geschichte. dabei mag es manch einem als anstößig erscheinen, daß er die monotheistischen religionen judentum,
christentum und islam in eine reihe mit den zorn-ideologien der aufklärung stellt (dem freiheitskult der französischen revolution, der zur
dauerbenutzung der guillotine führte, und dem eroberungsfuror Napoleons), sowie den zorn-systemen des 20. "jahrhunderts der extreme". aber sloterdijk setzt hier nicht nur brillant nietzsches "ressentiment"-kritik fort, also die (psychologische) kritik einer krankhaft-gekränkten geisteshaltung, aus der die metaphysischen und post-metaphysischen ideologien hervorgingen - aus beleidigtem, chronisch gewordenen "hass gegen das leben" oder eben gegen konstruierte feinde. darüber hinaus analysiert er subtil die (politisch) organisierten und geschichtlich "scharfgemachten zornverwaltungen", also die konkret historischen erscheinungsformen des zorns, die jeweils ihre feinde als klasse oder rasse definierten.
lest die rezension von marius meller in der
>>> buchkritik des deutschlandradios kultur
seinem neuen buch "zorn und zeit" die geschichte der westlichen kultur unter dem aspekt des zerstörerischen triebs. seine zentrale these: der zorn ist die eigentliche triebfeder der geschichte.
ein theoretischer coup sloterdijks ist die korrektur der psychoanalytischen
lehre von eros und thanatos: den todestrieb dekonstruiert er als spätes,
zweifelhaftes "zusatzkonstrukt" zum eros. er kritisiert, dass die psychoanalyse das psychische spannungsfeld des menschen ebenso halbherzig wie einseitig erotologisch beschrieb, den menschen als "hampelmann der liebe" erscheinen ließ. dem eros setzt er nun gleichberechtigt den "thymós", an die seite - thymós heißt das organ, das die griechen für die zornige aufwallung verantwortlich machten.
sloterdijk beschreibt aufgrund dieser konstellation nun die großen
"zorninstitutionen" der westlichen geschichte. dabei mag es manch einem als anstößig erscheinen, daß er die monotheistischen religionen judentum,
christentum und islam in eine reihe mit den zorn-ideologien der aufklärung stellt (dem freiheitskult der französischen revolution, der zur
dauerbenutzung der guillotine führte, und dem eroberungsfuror Napoleons), sowie den zorn-systemen des 20. "jahrhunderts der extreme". aber sloterdijk setzt hier nicht nur brillant nietzsches "ressentiment"-kritik fort, also die (psychologische) kritik einer krankhaft-gekränkten geisteshaltung, aus der die metaphysischen und post-metaphysischen ideologien hervorgingen - aus beleidigtem, chronisch gewordenen "hass gegen das leben" oder eben gegen konstruierte feinde. darüber hinaus analysiert er subtil die (politisch) organisierten und geschichtlich "scharfgemachten zornverwaltungen", also die konkret historischen erscheinungsformen des zorns, die jeweils ihre feinde als klasse oder rasse definierten.
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Bell On A Rip - 2006/09/20 17:31
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